CO2-Zertifikate kaufen
Seit 2005 werden in der Europäischen Union CO2-Zertifikate ausgegeben. Diese berechtigten die Unternehmen zum Ausstoß bestimmter Mengen Kohlendioxid. Die Idee: Unternehmen mit klimafreundlicher Produktion können einen Teil ihrer Zertifikate verkaufen. Wer nicht schadstoffarm produziert, muss hingegen Klimazertifikate zukaufen.
In der Theorie wirkt dieses Vorhaben innovativ und fair. In der Praxis haben sich fast 20 Jahre nach der Einführung mitunter eklatante Schwächen dieses Systems aufgetan. Denn der Ansatz funktioniert nur dann, wenn Investitionen in klimafreundliche Technologien nicht teurer sind als die Zertifikate.
Und genau das ist bislang noch das Problem: Es gibt ein Überangebot an Emissionszertifikaten, der Kurs war lange Zeit im Keller. Für die Unternehmen ist es also (bislang noch) wirtschaftlicher, CO2-Zertifikate zuzukaufen als in klimaschonende Technologien zu investieren. Deshalb soll das System nun ab 2021 reformiert werden.
Aber wie funktioniert der Handel mit Klimazertifikaten im Detail, wie wird sich der Kurs für die CO2-Zertifikate in Zukunft entwickeln, und wie können Privatanleger ihren Nutzen daraus ziehen?
Inhaltsverzeichnis
Was sind Klima- bzw. CO2-Zertifikate?
Ein CO2-Zertifikat erlaubt es dem Inhaber, eine Tonne CO2 in die Umwelt auszustoßen. Diese Menge an klimaschädlichem CO2 wird durch ein entsprechendes Klimaschutzprojekt neutralisiert, welches also dieselbe Menge an Kohlendioxid einspart. Jedes Unternehmen erhält eine begrenzte Anzahl an Klimazertifikaten. Wird ein Unternehmen klimafreundlicher, können Zertifikate verkauft werden. Andersherum müssen Zertifikate zugekauft werden, wenn nicht klimaschonend produziert wird.
Wie funktioniert der Handel mit Klima- bzw. CO2-Zertifikaten?
Industrie und Kraftwerke erhalten seit 2005 pro Jahr eine bestimmte Menge an CO2-Zertifikaten kostenlos zugeteilt. Jedes Zertifikat berechtigt das jeweilige Unternehmen zum Ausstoß von einer Tonne Kohlendioxid. Wer mehr Schadstoffe ausstößt als er Zertifikate zugeteilt bekommt, ist gezwungen, zusätzliche Verschmutzungsrechte zu ersteigern. Aktuell sind etwa 12.000 Anlagen aus 28 EU-Mitgliedsstaaten sowie aus Island, Liechtenstein und Norwegen am Emissionshandel beteiligt. Die Flugindustrie ist hier übrigens ausgenommen, da es für sie einen eigenen Emissionshandel gibt.
In Deutschland findet seit Anfang 2010 eine Versteigerung der Emissionsberechtigungen auf der Leipziger Energiebörse EEX (European Energy Exchange) statt. Verantwortlich ist hier die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) mit Sitz in Berlin. Die Einnahmen aus den Versteigerungen ermöglichen es, Klimaschutzmaßnahmen finanziell zu fördern und damit dem Klimawandel effektiv entgegenzuwirken.
Allein im Jahr 2018 nahm die Bundesrepublik Deutschland durch den Emissionshandel fast 2,6 Milliarden Euro im Rahmen von Auktionen ein. Wie das Umweltbundesamt auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte, habe man damit die Einnahmen im Vergleich zu 2017 damit mehr als verdoppelt. Ab 2019 wird übrigens die Marktstabilitätsreserve die Auktionsmengen im EU-ETS entsprechend steuern.
Bundesregierung muss CO2-Zertfikate für bis zu zwei Milliarden Euro zukaufen
Aber auch die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten haben sich vertraglich verpflichtet, bestimmte Klimaschutzziele zu erreichen. Sind die CO2-Ausstöße zu hoch, müssen die jeweiligen Regierungen ebenfalls Klimazertifikate zukaufen. Während sich die Regierungen in Osteuropa größtenteils an die maximalen Ausstoßmengen halten, hat die Bundesrepublik Deutschland Probleme, die Vorgaben zu erfüllen.
Eine Studie der Denkfabrik Agora ergab, dass vor allem anhaltend hohe Autoemissionen sowie zu geringe Fortschritte beim Heizen dazu führen werden, dass Deutschland bis 2020 etwa 93 Millionen Tonnen Kohlendioxid zu viel ausstoßen wird. Dementsprechend wird die Regierung in Berlin gezwungen sein, zusätzliche Verschmutzungsrechte zu ersteigern. Der Preis: bis zu zwei Milliarden Euro. Wenn die Bundesregierung das nicht tut, droht ein teures EU-Vertragsverletzungsverfahren.
Klimafreundlicher als vereinbart, sind laut EU-Kommission bislang vor allem Bulgarien, Kroatien, die Slowakei und Ungarn. Die Lücke zwischen vereinbarten und erwarteten CO2-Emissionen für 2020 lag hier bei -22%, -23%, -25% und -29%.
Demzufolge agieren diese EU-Mitgliedsstaaten deutlich klimafreundlicher als vereinbart. Auf der anderen Seite haben neben Deutschland (3%) auch der Inselstaat Malta (11%) sowie Irland (17%) die Klimaziele gerissen.
Wie wird sich der Preis für Klima- bzw. CO2-Zertifikate in Zukunft entwickeln?
Der Kurs für ein CO2-Zertifikat betrug im Jahr 2018 zeitweise lediglich fünf Euro. Zum Vergleich: Im Jahr 2005 musste man noch 30 Euro für ein Zertifikat auf den Tisch legen. Beeindruckend ist die Preisentwicklung jedoch gerade mit Blick auf die vergangenen Monate. Während der Kurs für ein Klimazertifikat im Januar 2018 noch rund fünf Euro betrug, waren es im September 2018 bis zu 24 Euro. In der 1 Jahres-Betrachtung haben die CO2-Zertifikate einen Kurszuwachs von über 180% erfahren.
Aktuell liegt der Kurs bei 20,77 Euro (Stand: 12.12.18). Die niedrigen Kurse in der Vergangenheit haben dazu geführt, dass Unternehmen kaum einen Anreiz darin gesehen haben, Geld in klimafreundliche Technik zu investieren.
In Zukunft könnten die Preise für Klima- bzw. CO2-Zertifikate weiter steigen. Grund dafür ist die geplante Systemreform der EU ab 2021. In diesem Zusammenhang soll Jahr für Jahr ein deutlich größerer Teil der Zertifikate vom Markt genommen werden als bisher. Die Verknappung des Angebotes könnte dann zu einem höheren Preis für die übrigen Zertifikate führen.
Erst kürzlich berichtete das Fachmagazin euractiv von der Prognose der Carbon Tracker Initiative, wonach sich der Preis für ein CO2-Zertifikat bis 2023 auf durchschnittlich 35 bis 40 Euro pro Tonne einpendeln könnte. Zu bedenken gilt für potenzielle Anleger, dass mit einem höheren Preis für CO2-Zertifikate vor allem schadstoffintensive Kraftwerke unrentabler werden. Dementsprechend wird die Nachfrage ab einem bestimmten Kurs wieder gebremst werden, was wiederum zu seinem sinkenden Kurs führen könnte.
Wie können Anleger an den steigenden Preisen für CO2-Zertifikaten mitverdienen?
Die turbulenten Kursentwicklungen bei den CO2-Zertifikaten und das 1 Jahres-Plus von zurzeit 180% erregt natürlich auch das Interesse der privaten Anleger. Natürlich können Kleinanleger nicht bei den Auktionen um die CO2-Zertifikate mitbieten und erhalten auch keine Emissionsberechtigungen zugeteilt.
Dennoch können Sie am CO2-Handel mitverdienen. Das funktioniert zum Beispiel mit den Partizipationszertifikaten auf CO2-Emissionsrechte der Societe Generale (WKN: SD54UU / ISIN: DE000SD54UU4 und WKN: SD58JJ / ISIN: DE000SD58JJ1). Hierbei handelt es sich um ein Index- bzw. Partizipations-Zertifikat, welches 1:1 bzw. 1:10 an der Entwicklung seines Basiswertes (in diesem Fall ECX EUA CO2-Emission Future ICE-Europe) partizipiert. Das bedeutet, dass Privatanleger mit diesem Indexzertifikat von einem steigenden Kurs für CO2-Zertifikate profitieren können. Gleichzeitig nehmen sie natürlich auch das Risiko sinkender Kurse in Kauf.
Index-Zertifikat | Emittent | ISIN | lfd. Kosten | Währungs-gesichert | Basiswert |
---|---|---|---|---|---|
Zertifikat 1:1 | DZ Bank | DE000DJ2AAA1 | 0,09 % Spread (An-/Verkauf) | ja | ICE EUA Future |
Zertifikat 1:1 | Societe Generale | DE000SD54UU4 | 0,11 % Spread (An-/Verkauf) | ja | ICE EUA Future |
Zertifikat 1:10 | Societe Generale | DE000SD58JJ1 | 0,11 % Spread (An-/Verkauf) | ja | ICE EUA Future |
Zertifikat 1:1 | HypoVereinsbank | DE000HW6C025 | 1,95% p.a. | ja | ICE EUA Future |
Zertifikat 1:1 | UBS | XS2651539681 | 0,75% p.a. | nein | ICE EUA Future |
Wo können Anleger die Index-Zertifikate auf CO2 kaufen?
Interessierte Anleger können die beiden vorgestellten Index-Zertifikate auf unterschiedliche Art und Weise erwerben. Möglich ist das nicht nur bei der eigenen Hausbank, sondern auch bei jedem Online Broker. Erfahrungsgemäß profitieren Anleger beim Broker im Internet dabei von deutlich niedrigeren Orderkosten. Für den Kauf benötigen Sie in jedem Fall die Internationale Kennnummer für Wertpapiere, die Sie unserer Tabelle weiter oben entnehmen können. Wie hoch die Transaktionsgebühren beim jeweiligen Online Broker sind, erfahren Sie in unserem Aktiendepot-Vergleich oder dem aktuellen Orderkostenrechner.
Fazit
In der Vergangenheit hat die großzügige Ausgabe von CO2-Zertifikaten zu einem Überangebot geführt. Die Folge waren Dumpingpreise von bis zu fünf Euro pro ausgestoßene Tonne klimaschädliches Kohlendioxid. Mittlerweile ist der Kurs für die Klimazertifikate wieder auf rund 20 Euro gestiegen.
Für die Zukunft wird mit einer weiteren Kurserhöhung gerechnet. Da der 2005 eingeführte Emissionshandel bislang das Ziel größtenteils verfehlt hat, ist für 2021 eine EU-weite Reform geplant. Das Angebot an Zertifikaten soll wieder verknappt, der Preis erhöht werden.
Dann hätten die Unternehmen wieder ein ernsthaftes Interesse daran, den Schadstoffausstoß zu verringern. Weil es sonst schlichtweg zu teuer wird. Und dann hätte der Emissionshandel knapp 20 Jahre nach seiner Einführung tatsächlich seinen Zweck erfüllt und wäre endlich ein effizientes und preiswertes Klimaschutzprojekt.
Quellen
- WirtschaftsWoche, Seite 6, Ausgabe 39/18
- dehst.de – Emissionshandel verstehen
- carbontracker.org
- ZDF.de – Warum der CO2-Handel bis jetzt gescheitert ist
- Wirtschaftswoche – Reform des Emissionshandels auf den Weg gebracht
- Handelsblatt – Verkauf von Verschmutzungsrechten beschert dem Staat Rekorderlöse
Autor: Christian Finkenbrink, 12/2018